Endlich Feierabend Wien – 44 Wandertouren zum Entspannen

 „Endlich Feierabend Wien – 44 Wandertouren zum Entspannen“, Kompass Karten GmbH, 1. Auflage 2022.

Nach der Arbeit noch zu einer kleinen Wanderung aufbrechen – das hört sich doch nach einem idealen Tagesausklang an, vor allem im Frühjahr, Sommer und bis in den beginnenden Herbst hinein, wenn es lange hell ist! Das Buch „Endlich Feierabend Wien“ richtet sich genau an jene Leser und Leserinnen, die auf der Suche nach Tipps für After-Work-Touren in und um Wien herum sind. 

Das Autorenduo stellt in diesem Buch 44 Spaziergänge und Wanderungen vor. Die Auswahl der Touren ist – mit ein paar Abstrichen – stimmig. Vor allem die Touren in Wien und der unmittelbaren Umgebung von Wien eigenen sich tatsächlich sehr gut als After-Work-Touren. Bei der Auswahl der Touren außerhalb von Wien fehlen einige Gebiete, die für Touren zum Tagesausklang prädestiniert sind. 

„Dem Sonnenuntergang entgegenzuwandern“ ist zweifellos reizvoll, erfordert allerdings auch eine spezielle Rücksichtnahme gegenüber Wildtieren, auf die das Buch noch klarer und eingehender hinweisen könnte als es der „Verhaltenskodex“ tut, der sich im allgemeinen Teil des Wanderführers findet. 

Die Touren sind in drei Schwierigkeitsgrade – leicht, mittel und schwer – unterteilt. Ein Blick ins Inhaltsverzeichnis zeigt allerdings, dass das Buch keine einzige schwere Tour enthält. Generell überwiegen die leichten Touren (mit etwa 60%), was für After-Work-Wanderungen durchaus Sinn macht. Die Klassifizierung der Touren erscheint in den meisten Fällen passend. 

Für jede Tour gibt es zwei Kartenausschnitte – ein Ausschnitt zeigt, wo die Tour liegt, ein zweiter zeigt die Route. Der erste Ausschnitt ist nicht unbedingt nötig, er beinhaltet keine wesentlichen Zusatzinformationen. Der zweite Ausschnitt ist nützlich, jedoch nimmt die Tour in einigen Fällen nur einen sehr kleinen Teil der Karte ein. Eine größere Auflösung wäre hier wünschenswert. 

Blick ins Buch. Foto Kompass Verlag
Blick ins Buch. Foto Kompass Verlag

Öffentliche Erreichbarkeit der Touren im Buch

41 der 44 Touren sind – laut den Angaben im Buch – öffentlich erreichbar; der Fokus auf Touren, die man mit Bahn und Bus unternehmen kann, ist definitiv lobenswert. Allerdings enthält das Buch etliche Touren außerhalb von Wien, die sich in der Praxis am späteren Nachmittag nicht mit Öffis durchführen lassen, weil es nach Ende der Tour am frühen Abend keine Rückfahrtverbindungen mehr gibt.

Die Darstellung der öffentlichen Anreise ist etwas heterogen und nicht in allen Fällen ganz präzis. Bei einigen Touren weicht der Startpunkt von der angegebenen Öffi-Haltestelle ab, so dass der Leser oder die Leserin die Wegstrecke von der Haltestelle zum Startpunkt eigenständig planen muss. 

Das Buch enthält ausführliche Angaben zur Anreise mit dem Auto – rät dann aber auf Seite 211 dazu, das Auto stehen zu lassen. Diese Empfehlung kann man nur unterstreichen, schon allein deshalb, weil die Anreise zu After-Work-Touren normalerweise während des Berufsverkehrs erfolgt. Wer weiß, wie überlastet die Hauptverbindungen in und um Wien zu den Stoßzeiten sind, würde wohl kaum auf die Idee kommen zu versuchen, mit dem Auto zu einer After-Work-Tour anzureisen. Im Gegensatz dazu gibt es viele Pendlerzüge, die ein flottes Vorankommen ermöglichen und meistens pünktlich verkehren. 

Tourenauswahl

Einige Touren in dem Buch lassen sich – zumindest von Wien aus – auch aus anderen Gründen nicht als After-Work-Touren durchführen. Die Tour auf den Obersberg ist mit 5 Stunden reiner Gehzeit zu lang. Spätnachmittägliche Wanderungen auf die Rax und auf den Schneeberg scheitern daran, dass die Seilbahn bzw. die Zahnradbahn in den Abendstunden nicht verkehren und man daher nach der Tour nicht mehr vom Berg herunterkommt. Der Windberg wiederum wäre mit Autoanreise selbst für den unwahrscheinlichen Fall, dass man nicht erst eine Stunde aus Wien hinausstaut, viel zu weit für eine After-Work-Tour entfernt. – Will man nach der Harzberg-Tour noch das Vöslauer Thermalbad besuchen, wie es die Autoren empfehlen, so muss man seinen Arbeitsplatz recht früh verlassen und ein gutes Zeitmanagement an den Tag legen, damit man nicht vor verschlossenen Türen steht. Wünschenswert wären in diesem Zusammenhang Hinweise auf Öffnungszeiten (z.B. auch Lainzer Tiergarten). 

Ein bisserl irritierend ist schließlich die immer wieder durchklingende bundesdeutsche Diktion – um nur ein Beispiel zu nennen: in (Ost-)Österreich „laufen“ wir nicht, wir haben es nämlich normalerweise nicht eilig und „gehen“ deshalb meistens.

Auch wenn es somit für weitere Auflagen durchaus Verbesserungspotenzial gibt (übrigens auch was die Korrektur des einen oder anderen Druckfehlers betrifft), kann das Buch dennoch empfohlen werden. Wer nach der Arbeit gerne durch Wien oder die nahe Umgebung der Stadt wandert, wird in diesem Wanderführer etliche lohnende Anregungen finden. 

Peter Backé
Peter Backé

Peter Backé, geb. 1960, verbringt seit seiner Kindheit einen großen Teil seiner Freizeit in den Bergen. Besonders oft ist er in den Wiener Hausbergen unterwegs, sehr gerne aber auch in den Südalpen. Er ist Autor der Bücher „Mit Bahn und Bus zum Berg - Österreich: Die 75 schönsten Wandertouren“ (Freytag & Berndt), „Mit Bahn und Bus in die Wiener Hausberge“ (Rother Bergverlag) und „Bike&Hike Oberösterreich Steiermark“ (Kral Verlag) sowie zahlreicher Artikel in Alpin-Zeitschriften. Sein Auto hat er 2004 verkauft und fährt seither überwiegend mit den Öffis in die Berge.